Arbeitsalltag

Ab März 1944 sollte in einem Waldstück in Wulkow eine Ausweichstelle des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) gebaut werden. Für die Errichtung dieser Ausweichstelle wurden über die Zeit fast 400 Häftlinge aus Theresienstadt nach Wulkow deportiert und leisteten schwere körperliche Arbeit unter unwürdigen Bedingungen.

„Barackenbau Zossen“ – die Arbeit in Wulkow

Die Arbeit in Wulkow konnte als „Lebensversicherung“ für die Häftlinge gelten. So waren ihre Familien, die weiterhin in Theresienstadt waren, in der Regel vor Deportationen in die Vernichtungslager geschützt. Aber auch die Häftlinge selbst schützten sich davor, wenn sie die Arbeit, die ihnen befohlen wurde, aushielten und absolvierten. Während in den letzten Kriegsmonaten Häftlinge zu Schwerstarbeiten eingesetzt wurden mit dem Ziel, dass sie diese nicht überlebten („Vernichtung durch Arbeit“), war es in Wulkow anders.

„Zuerst haben wir die Baracken gebaut. Die waren selbstverständlich viel bescheidener als die Baracken, die wir für die Deutschen gebaut haben. Man konnte trotzdem da auch leben und auch schlafen.“

Hanuš Hron beim Zeitzeugengespräch im Schloss Trebnitz, 2021

Noch in Theresienstadt meldeten sich aus diesem Grund zahlreiche Männer, die zuvor als Handwerker in den verschiedensten Bereichen tätig waren, freiwillig, um in Wulkow zu arbeiten.

Im Wald bei Wulkow befand sich bei der Ankunft der ersten Gruppe von Häftlingen noch nichts. Die erste Nacht sollten sie im Winter unter freiem Himmel verbringen, bevor sie am nächsten Tag mit den Arbeiten anfingen. Zuerst bauten sich die Häftlinge ihre eigenen Baracken, rodeten den Wald und legten Wege an. Später wurden Zäune gezogen sowie Wasser- und Aufbauleitungen verlegt.

„Ziehe ich heute das Resümee dieses Außenkommandos, so muss ich feststellen, dass die ganze Arbeit in Wulkow völlig überflüssig und sinnlos war. […] Nur eine Person hat von dieser Arbeit Nutzen gehabt: Es war Stuschka, er konnte sich vor einem Fronteinsatz drücken.“

Walter Grunwald in seinem Bericht „Erlebtes“

Häftlinge beim Bauen eines Tores, gezeichnet von Herbert Kolb
  • © Privat
Strafarbeiten

Neben der Errichtung des Lagers mussten die Häftlinge von Stuschka angeordnete Strafarbeiten erledigen. Die Häftlinge nahmen diese Tätigkeiten als sinnlos wahr, da sie beispielsweise den Waldboden mit Besen kehren oder Bäume waschen sollten. Albert Jungmann erläuterte bei seiner Zeugenaussage im Prozess gegen Franz Stuschka, dass er als Strafarbeit den Feuerlöschteich ausschöpfen sollte.

„Wir leisteten dort übermenschliche Arbeit, und trotzdem waren die Leistungen dem Stuschka zu Folge immer zu wenig. Er führte Sonntagsarbeit ein, und auch musste oft in der Nacht gearbeitet werden.“

Alfred Neufeld, 1949

Wenn Stuschka befand, dass die Häftlinge nicht mehr nach seinen Vorstellungen arbeiteten und ihre Arbeitskraft nachließ, ließ er sie aus Wulkow zuerst nach Theresienstadt deportieren, von wo aus sie weiter „in den Osten“, in die Vernichtungslager, verschleppt wurden. Auch wenn Stuschka es nirgendwo vermerkte, war ihm bewusst, dass dies das eigentliche Todesurteil für die Häftlinge bedeutete. Infolge dieser Deportationen wurden dann neue arbeitsfähige Häftlinge aus Theresienstadt nach Wulkow geholt.

Zu den (Straf-)Arbeiten gehörte auch das Schleppen von Bäumen, gezeichnet von Herbert Kolb
  • © Privat
Professionen

Die Männer, die sich meldeten, um in Wulkow zu arbeiten, hatten bereits verschiedene handwerkliche Fertigkeiten, auf die sie zurückgreifen konnten. In Wulkow arbeiteten sie als Elektriker, Installateure, Tischler, Zimmerer, Brunnenbauer und als Köche. Die 34 Frauen, die über die Zeit in Wulkow waren, arbeiteten in der Küche, in der Wäscherei oder wurden für schwere Aufräumarbeiten eingeteilt.

Eine besondere Rolle hatten die Häftlinge Ervin Kosiner und Karel Rutar inne. Kosiner war Ingenieur und leitete den Bau der Baracken, und Rutar war Vorarbeiter der Zimmerleute in Wulkow. Damit standen sie völlig unter Stuschkas Beobachtung und wurden für alle Mängel verantwortlich gemacht.

Für einige Aufgaben wurde mit lokalen Handwerkern und Firmen zusammengearbeitet. Die Firmen lieferten die Baumaterialien, gaben Anleitung, und die Häftlinge arbeiteten dort als „Hilfsarbeiter“. Aus Berlin kam zum Beispiel der Brunnenbauer Wilhelm Voss, der mit der Hilfe von sechs Häftlingen etwa zwölf Brunnen bohrte.

„Unter sehr vereinfachten Bedingungen mussten wir ohne maschinelle Hilfsmittel den ersten Brunnen auf diesem Gelände bohren. Alles ging mit Handkraft. Der Boden bestand aus reinem Sand, das Bohren war daher nicht allzu schwer. Es war eigentlich kein Bohren im Sinne des Wortes, sondern eine Art von ‚Pumpen‘“.

Walter Grunwald in seinem Bericht „Erlebtes“

Zwei Häftlinge bei Planungsarbeiten, gezeichnet von Herbert Kolb
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