Walter Grunwald (1919-2000)

Ein aktiver Zeitzeuge

Walter Grunwald beim Treffen der Wulkower 1996
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Walter Grunwald wurde als Kind des jüdischen Apothekers Georg Grunwald und der evangelischen Paula Grunwald (geborene Kosek) am 4. September 1919 in Berlin-Pankow geboren. Sein Großvater väterlicherseits zog 1888 nach Berlin, um dort die Leitung eines jüdischen Erziehungshauses zu übernehmen – das spätere 2. Waisenhaus der Jüdischen Gemeinde in Berlin-Pankow, das 1941 durch die Gestapo beschlagnahmt wurde. Seine Eltern lernten sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg in Berlin kennen und heirateten nach dem Krieg. 1926 wurde Walter in eine katholische Schule eingeschult. Als Kind litt er an verschiedenen Krankheiten, die seinen Schulbesuch erschwerten. 1930 wechselte er auf ein humanistisches Gymnasium, und die Familie zog in eine größere Wohnung am Pankower Schlosspark.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war die Apotheke von Walters Vater vom reichsweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte betroffen, und später verlor dieser sogar seine Zulassung. Während eines Sanatoriumsaufenthaltes in Florenz 1936 legte Walter die Reifeprüfung an einer höheren Schule ab und kehrte daraufhin nach Berlin zurück. Walter galt von nun an als „Geltungsjude“ – so wurden Jüdinnen:Juden seit den Nürnberger Rassegesetzen genannt, die zwei jüdische und zwei „arische“ Großelternteile hatten und nicht getauft waren. Der Zugang zur Universität war ihm verstellt, und so begann er eine Lehre als Möbeltischler. Ab Frühjahr 1941 wurde Walter zur Zwangsarbeit als Kohlenschipper verpflichtet. Am 23. Juli 1942 heiratete er seine Freundin Steffi. Kurz darauf wurde ihre Großmutter Agnes Kropf nach Theresienstadt deportiert. Walters Vater wurde während der „Fabrikaktion“ am 27. Februar 1943 festgenommen, jedoch nach Protesten kurz darauf als jüdischer „Mischehe“-Partner wieder freigelassen. Walter und Steffi blieben von der „Fabrikaktion“ verschont. Nur kurze Zeit später wurden sie jedoch während einer Razzia festgenommen. Walter kam in das Sammellager Große Hamburger Straße, wo ihn seine Eltern, so gut es ging, unterstützten. Steffi hingegen sah er nie wieder.

Am 17. März 1943 wurde Walter nach Theresienstadt deportiert. Von März 1944 bis Februar 1945 war er in Wulkow. Kurz vor dem Kriegsende wurde er auf ein Arbeitskommando in das bayerische Schnarchenreuth verschleppt. Nach der Befreiung traf er glücklicherweise seine Eltern wieder. 1946 lernte er seine spätere zweite Frau Ursula kennen und wanderte mit ihr 1947 nach Schweden aus. Sie bekamen zwei Kinder, doch wurde die Ehe 1959 geschieden. 1964 heiratete er Jutta, mit der er bis zu seinem Tod glücklich zusammenlebte.

Zwischen 1987 und 2000 besuchte Walter sehr oft die Orte seines Leids und teilte seine Geschichte mit einigen Schulklassen in der Umgebung von Wulkow. 1995 erreichte ihn ein Brief von Jan Jecha, einem ehemaligen Lagerkameraden aus Wulkow, und er nahm daraufhin an einem Treffen ehemaliger Wulkower:innen teil, bei dem die Gedenktafel in Hermersdorf und die beiden Gedenksteine in und bei Wulkow eingeweiht wurden.

(Texte zum Teil aus Wikipedia)

Walter Grunwald schildert seine Erlebnisse in seinem Bericht „Erlebtes“. Sie sind hier nachzulesen. Er starb am 22. März 2000 in Berlin.

Komplettes Interview zum Schulprojekt 1999 Neuhardenberg
  • © Jutta Grunwald